Die Podiumsdiskussion am Klenze-Gymnasium

Olympia in Perspektive: Podiumsdiskussion „Feuer und Flamme für Olympia?“ am 21. 10. 2016

In der öffentlichen Diskussion unserer Tage besteht eine Tendenz, Problemstellungen eher eindimensional darzustellen. Wo es wichtig wäre, mehrere Meinungen differenziert abzuwägen, genügt oft eine – und diese wird dann umso lautstarker und plakativer propagiert, am liebsten im Internet.

Hier setzt Frau Klessingers P-Seminar „Feuer und Flamme für Olympia?“ einen markanten Kontrapunkt. Das Seminar analysiert Olympia 1972 (München) und Olympia 2016 (Rio) im Rahmen eines Austauschprojekts mit der deutschen Auslandsschule in Rio de Janeiro. Damit ist in der Grundkonzeption schon eine Perspektivierung angelegt.

In der Podiumsdiskussion am 21.11.2016 wurde der Fächer der Perspektiven dann noch weiter aufgespannt. Vor und mit den Schülern der Oberstufe diskutierte ein Panel von hochkarätigen Experten, deren Sichtweisen kaum unterschiedlicher hätten sein können:

Prof. Dr. Fritz Auer, Architekt im Rahmen der Bauprojekte rund um die Olympiade 1972, Zeitzeuge

Carlo Thränhardt, Hochsprunglegende, zweifacher Olympiateilnehmer, aktiver Sportler und Coach

Arno Hartung, Geschäftsführer der Olympiapark GmbH und Zeitzeuge der Olympischen Spiele 1972
Florian von Brunn, SPD-Abgeordneter im Bayerischen Landtag, Vorsitzender des Arbeitskreises Umwelt und Verbraucherschutz, Gegner der Bewerbung für die Winterspiele 2022 München-Garmisch

 

von links nach rechts : Arno Hartung(Geschäftsführer der Olympiapark GmbH), Prof. Fritz Auer (Architekt Olympiastadion 1972), Bruno, Frau Klessinger, Nadia (Moderatoren), Florian von Brunn (SPD-Landtagsabgeordneter), Carlo Thränhardt (ehemaliger Athlet im Hochsprung)

Anders als bei manch anderer Podiumsdiskussion äußerten die Gäste ihre Meinungen sehr deutlich und teilweise durchaus kontrovers. Durch die Anwesenheit der „Zeitzeugen“ Herrn Dr. Auer und Herrn Hartung gewann die Diskussion über die inzwischen schon „historische“ Olympiade persönliche Unmittelbarkeit.Es wurde deutlich, dass der Sportler die Olympiade aus einem völlig anderen Blickwinkel sieht als der Architekt, ein Politiker von heute die Problemstellung anders erlebt als ein Politiker damals – und dass alle Positionen durchaus gerechtfertigt sind.

 

 

Erkennbar wurde auch, dass 1972 eine andere Zeit war – eine Zeit, in der der politische Umsetzungswille ausgeprägter und die Begeisterung für Großprojekte wie Olympia verbreiteter war als heute. Es erschien fast so, dass die Olympiade 1972  – nicht nur im Design von Bauten und Printmedien – „moderner“ war als eine Olympiade von heute.

Beim aller Vielfalt der Meinungen und Perspektiven konnten wir einen Auftrag für die Zukunft mitnehmen. Herr Thränhardt hat das als Sportler sehr treffend formuliert: Wenn man erkennt, dass etwas gut ist, muss man es tun – dann kommt auch was Gutes dabei raus. Der Mut einfach „etwas zu tun“  ist uns vielleicht ein bisschen abhandengekommen. Aber wenn wir das Olympiadach betrachten, können wir erkennen, dass nur so Fortschritt möglich ist.

(von Gotthard Bauer)


Ein von einem Schüler des Klenze-Gymnasiums verfasstes Essay reflektiert die Diskussionsergebnisse aus Schülersicht:

Die Olympischen Spiele – immer ein Erfolgszug?

U-Bahn fahren zur Arbeit oder Schule – eine Alltagssituation, die ohne die Olympischen Spiele 1972 in München wahrscheinlich nicht möglich wäre. Der Ausbau der Infrastruktur Münchens war einer der vielen Chancen, die München im Zuge der Olympischen Spiele genutzt hat. Doch es stellt sich die Frage, ob es nach Olympischen Spielen immer Licht am Ende des (U-Bahn-)Tunnels gibt. Im Rahmen der Podiumsdiskussion „Feuer und Flamme für Olympia?“ wurden unter anderem die Chancen und Risiken von Olympia in Deutschland besprochen. Der dort anwesende SPD-Politiker Florian von Brunn bemängelt, dass es kaum Städte mit schwarzen Zahlen nach den dort stattgefundenen Olympischen Spiele gibt. Er spricht damit schon eines der vielen Probleme für den Austragungsort der Olympischen Spiele an: das finanzielle Risiko. Die Stadt gibt Milliarden von Euros für den Bau immenser Sport- und Wohnanlagen aus, die nach ca. einem Monat dann erst mal leer sind. Das führt gleich zum zweiten Risiko: Die Nachhaltigkeit der Olympischen Spiele. München ist ein Paradebeispiel für die Umwandlung dieses Risikos in eine Chance wie Arno Hartung, Geschäftsführer der Olympiapark München GmbH, während der Podiumsdiskussion erwähnte. Das Olympiagelände in München hatte 2015 über vier Millionen Besucher und 396 Veranstaltungen. Das zeigt, dass das Lebendighalten des Olympiageländes keineswegs ein Problem, sondern auch ein Geschenk und kulturelles Erbe für den Ort sein kann, wie Professor Fritz Auer, Mitkonstrukteur der Olympischen Anlagen, erklärte. Doch schon die Auswahl des Austragungsorts stellt den IOC vor gewaltige Probleme. Hierbei geht es zu einem großen Teil auch um eine politische Entscheidung: man will keine falschen Signale senden, jeden Kontinent mit einbeziehen usw. So viel zum Beispiel die Entscheidung des Austragungsorts für die Olympischen Winterspiele auf Sotschi. Ein Ort, der quasi nie unter null Grad im Winter kommt. Das gleiche Problem sieht Florian von Brunn in Garmisch-Partenkirchen. Er glaubt nicht daran, dass Garmisch-Partenkirchen auf den Erfolgszug von München 1972 hätte aufspringen können Während Arno Hartung eine Chance für München und den IOC gesehen hätte, das Image der Olympischen Spiele aufzupolieren, hält von Brunn das für unsinnig, da in Garmisch-Partenkirchen die Skipisten mit Unmengen von Schneekanonen hätten befeuert werden müssen und der Ort in 30 Jahren wahrscheinlich gar keinen Schnee mehr hat. Deswegen hatte er sich gegen die abgelehnte Bewerbung von Garmisch-Partenkirchen für die Olympischen Sommerspiele 2018 ausgesprochen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Tunnelblick, der nur auf Risiken oder Chancen gerichtet ist, zu keinem konstruktiven Ergebnis führt. Die Olympischen Spiele hatten und werden immer beides in sich tragen, die Frage ist nur, was man daraus macht. Und schließlich sollte man nicht den eigentlichen Grund für die Spiele vergessen: den Sport.

(von Alexander Hess)

 

Hiermit bedanken wir uns nochmals herzlich für die Unterstützung durch unsere Schulleitung (Frau Kreim, Frau Mayr, Herr Bauer und Herr Krehbiel) und die Schul-Big-Band unter der Leitung von Frau Althaus!

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